13. August: Marie Geck (1865–1927)
Politikerin, Redakteurin und Geschäftsfrau


Marie Geck, Anfang der 1920er Jahre
Marie Geck schrieb regelmäßig für die von Clara Zetkin herausgegebene „Gleichheit“ und mischte sich als eine der ersten Armenrätinnen ab 1903 in die Offenburger Kommunalpolitik ein. Während der monatelangen Abwesenheiten ihres Mannes sorgte die fünffache Mutter als Herausgeberin sowie Redakteurin für das pünktliche Erscheinen der Lokalzeitung „D’alt Offeburger“ und führte allein die dazu gehörige Druckerei, womit sie den Familienunterhalt sicherte.
25 Jahre lang führt Anna Marie Luise Caroline Moßmann das Leben einer Bürgertochter des 19. Jahrhunderts. Am 27. Juni 1865 in Freiburg geboren, geht sie später auf die Klosterschule, spielt Klavier und singt im Münsterchor. Daneben besucht Marie regelmäßig Tanzkränzchen einer katholischen Studentenverbindung. Dort lernt sie ihren ersten Ehemann kennen, den angehenden Arzt Joseph Hermann Schretzmann. Das glückliche Familienleben findet 1890/91 ein jähes Ende: Innerhalb weniger Monate sterben ihr Mann und die beiden kleinen Söhne.
Mit Hilfe des Jugendfreundes Adolf Geck (1854-1942) baut sich die 26-jährige Witwe ein neues Leben auf: Sie arbeitet als Empfangsdame und Buchhalterin in einem Mannheimer Fotoatelier, wo sie auch selbst den Umgang mit der Kamera erlernt. Als sie im September 1892 den inzwischen in der Politik aktiven Sozialdemokraten heiratet, gibt sie ihren Beruf jedoch auf. Das Paar lässt sich in seiner Heimatstadt Offenburg nieder, Marie Geck bekommt in den nächsten sechs Jahren fünf Kinder.
Als Ehefrau des badischen SPD-Vorsitzenden tritt sie selbst der Partei bei und pflegt enge Freundschaften mit den Parteigrößen Clara Zetkin, Rosa Luxemburg und August Bebel.
Der Abgeordnete und Zeitungsherausgeber Adolf Geck ist häufig wochenlang unterwegs - beim Landtag in Karlsruhe, beim Reichstag in Berlin oder auf Wahlkampftour. Während dieser Abwesenheiten übernimmt Marie Geck die Redaktion der Zeitung „D'r alt Offeburger" und die Geschäftsführung der angegliederten Druckerei. Sie schreibt selbst Artikel für die eigene Zeitung sowie für überregionale Blätter, vor allem für die von Clara Zetkin herausgegebene „Gleichheit".
Außerdem engagiert sie sich immer stärker auf sozialem Gebiet. Als eine der ersten Armenrätinnen in Baden tritt sie ab 1903 für eine Verbesserung der Lebensumstände von Unterprivilegierten ein und verschafft sich damit in Offenburg quer durch alle Gesellschaftsschichten großen Respekt.
Im Ersten Weltkrieg, den sie als Pazifistin strikt verurteilt, wird sie in die örtliche Kriegsküchenkommission berufen. Außerdem betreibt sie die Gründung einer städtischen Fürsorgestelle für die Hinterbliebenen gefallener Soldaten. Um diese Klientel kümmert sie sich bis weit nach Kriegsende, sicherlich auch aus persönlichen Gründen: Noch in den letzten Kriegstagen fällt ihr ältester Sohn Brandel. Marie Geck erholt sich kaum mehr von diesem neuerlichen Schicksalsschlag.
Dennoch verstärkt das aktive und passive Wahlrecht für Frauen ihr politisches Engagement. 1922 lässt sie sich von der SPD als Kandidatin für den Offenburger Stadtrat aufstellen, verpasst aber knapp den Einzug ins kommunale Parlament. Im selben Jahr ist sie als einzige Frau im vorbereitenden Arbeitsausschuss an der Gründung der Volkshochschule beteiligt. Daneben bleibt sie Mitglied im Armenrat und in der Volksküchenkommission.
1923 wird Marie Geck Bezirksrätin, bei Verhandlungen des Offenburger Schwurgerichts fungiert sie als „Obmann der Geschworenen". Außerdem gehört sie dem städtischen Ausschuss für Lichtspielpflege an. Als dieser Ende Juli 1927 umstrukturiert wird, ergeht an Marie Geck die Anfrage, ob sie sich hier auch in Zukunft einbringen wolle. Ohne zu zögern stimmt sie zu.
Wenige Tage später stirbt „die Armenpflegerin", wie sie allerorten genannt wird, 62-jährig am 13. August 1927.
Weiterführende Literatur und Quellen:
Ute Scherb: Marie Geck (1865-1927), Geschäftsfrau, Redakteurin, Armenrätin, in: Ruth Jansen-Degott u. Anne Junk (Hg.), Markante Frauen. Sonderserie Offenburg, Offenburg 2006, S. 38-41
Ute Scherb: Zwischen Theorie und Praxis. Die Freundinnen Marie Geck und Clara Zetkin, in: Ariadne 51, 2007, S. 46-53
Ute Scherb: Geck, Marie, 1865-1927. Geschäftsfrau, Redakteurin und Kommunalpolitikerin, in: Badische Biographien NF 6, Stuttgart 2011, S. 134-137
Zurzeit verfasst die Frauengeschichtswerkstatt Offenburg eine Biografie über Marie Geck, die 2022 erscheinen wird.
Bildquelle: Stadtarchiv Offenburg, 19/05.07.09.03.
Autorin: Ute Scherb

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