15.
Januar:
Dr. Maria Plum (1894 – 1962)
Von der unerwünschten Jurastudentin zur ersten Ehrensenatorin der Universität Freiburg
Trotz der sukzessiven Öffnung der deutschen Hochschulen für Frauen ab 1900, dauerte es noch viele Jahre, bis sich Studentinnen in den unterschiedlichen Disziplinen etablieren konnten. Besonders das Jurastudium galt als „unweibliches Fach" und die offenen Anfeindungen sowie die frauenfeindliche Einstellungspraxis der Ministerien erschwerten Frauen weiterhin den Zugang zur juristischen Laufbahn. Dennoch gab es Studentinnen, die sich dazu entschieden, diesen Weg einzuschlagen - eine dieser Pionierinnen war Maria Plum.
Maria Plum wurde 1894 in Berlin geboren und unterstützte neben ihrer Ausbildung an der Handelshochschule ihren erkrankten Vater bei der Leitung der familieneigenen Chemiefabrik. Nach deren Verkauf immatrikulierte sie sich erst in Frankfurt, wechselte dann aber an die Universität Freiburg; dort war sie eine von 19 Jura-Studentinnen. Nach ihrer Promotion im Jahr 1923 arbeitete sie während ihres Referendariats bei der Staatsanwaltschaft, dem Landgericht und der Stadtverwaltung in Freiburg. Im Dezember 1927 legte sie als Beste von 35 Kandidat*innen die zweite juristische Prüfung ab und eröffnete bereits am 15.01.1928 ihre eigene Kanzlei. Damit war sie die erste Frau, die eine Anwaltskanzlei in Freiburg gründete.
Die nationalsozialistische Politik positionierte sich vehement gegen Frauen in der Rechtspflege und erschwerte deren Ausbildung zunehmend. Maria Plum unterstützte daraufhin junge Referendarinnen, die ihre Ausbildung nicht mehr beenden konnten, indem sie sie inoffiziell in ihrer Kanzlei anstellte. Zwischen 1933 und 1939 vertrat sie jüdische Emigrant*innen bei Vermögenstransfers und half bei der Beschaffung von Visa. 1933 stellte sie zwei jüdische Referendare in ihrer Kanzlei ein und gab ihnen damit die Möglichkeit, ihre Ausbildung fortzusetzen. Diese Aktivitäten blieben nicht unbemerkt und zogen immer wieder Repression nach sich. Sie erhielt von staatlicher Seite keine Mandate mehr und wurde nur über Umwege als Steuerrechtsanwältin zugelassen. Während des Kriegs wurde sie überwacht und erhielt von der örtlichen Gestapo eine ernste Verwarnung unter Androhung strengster Maßregeln bei Zuwiderhandlungen. 1942 wurde die Kanzlei durchsucht und verschiedene Akten beschlagnahmt. Aus Sorge vor weiteren Repressionen vernichtete die Lebensgefährtin von Maria Plum alle Akten seit 1933, die auf eine zu enge Verbindung mit Jüd*innen hindeuteten.
Marie Luise Goppel lebte mit Maria Plum zusammen und war zudem seit 1931 als Bürovorsteherin in der Kanzlei tätig. Die beiden Freundinnen sammelten Münzen, gingen in Konzerte und unternahmen Reisen. Auch wenn die Beziehung nach außen platonisch schien, war die Nähe der beiden anscheinend ein offenes Geheimnis. So schrieb etwa eine Freundin in einem Brief an Maria Plum im Juli 1938: „Auch sind meine Zukunftswünsche an Sie (und Fräulein G.) die denkbar herzlichsten." Zwar nahmen die meisten nationalsozialistischen Machthaber gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Frauen nicht als ernstzunehmende Bedrohung wahr, dennoch wurde die sich in der Weimarer Republik verstärkt entfaltende Subkultur gänzlich verboten und viele frauenliebende Frauen wurden überwacht. Die nicht-heteronorme Beziehung von Maria Plum und Marie Luise Goppel war für beide durchaus eine Gefahr, dennoch hielten sie daran fest und teilten auch während des Zweiten Weltkriegs ihr berufliches und privates Leben.
Nach Kriegsende wurde die Kanzlei von Maria Plum und Karola Fettweis geleitet. Die als „Löwentruppe" bekannte Arbeitsgemeinschaft organisierte juristische Ausschüsse mit Freiburger Frauenorganisationen und sozialen Einrichtungen. Fettweis wirkte in der Nachkriegszeit in der Eherechtskommission und an der Reform des Familienrechts mit und auch Maria Plum setzte sich weiterhin für die Gleichberechtigung von Frauen ein. Die Kanzlei wurde über die Grenzen Freiburgs hinaus bekannt und half vielen jungen Frauen, im juristischen Bereich Fuß zu fassen. Die Universität verlieh Maria Plum im Februar 1962 als erster Frau die Ehrensenatorenwürde und hob dadurch ihr besonderes gesellschaftliches Engagement hervor. Noch im selben Jahr starb Maria Plum bei einem Verkehrsunfall.
Maria Plum wurde 1894 in Berlin geboren und unterstützte neben ihrer Ausbildung an der Handelshochschule ihren erkrankten Vater bei der Leitung der familieneigenen Chemiefabrik. Nach deren Verkauf immatrikulierte sie sich erst in Frankfurt, wechselte dann aber an die Universität Freiburg; dort war sie eine von 19 Jura-Studentinnen. Nach ihrer Promotion im Jahr 1923 arbeitete sie während ihres Referendariats bei der Staatsanwaltschaft, dem Landgericht und der Stadtverwaltung in Freiburg. Im Dezember 1927 legte sie als Beste von 35 Kandidat*innen die zweite juristische Prüfung ab und eröffnete bereits am 15.01.1928 ihre eigene Kanzlei. Damit war sie die erste Frau, die eine Anwaltskanzlei in Freiburg gründete.
Die nationalsozialistische Politik positionierte sich vehement gegen Frauen in der Rechtspflege und erschwerte deren Ausbildung zunehmend. Maria Plum unterstützte daraufhin junge Referendarinnen, die ihre Ausbildung nicht mehr beenden konnten, indem sie sie inoffiziell in ihrer Kanzlei anstellte. Zwischen 1933 und 1939 vertrat sie jüdische Emigrant*innen bei Vermögenstransfers und half bei der Beschaffung von Visa. 1933 stellte sie zwei jüdische Referendare in ihrer Kanzlei ein und gab ihnen damit die Möglichkeit, ihre Ausbildung fortzusetzen. Diese Aktivitäten blieben nicht unbemerkt und zogen immer wieder Repression nach sich. Sie erhielt von staatlicher Seite keine Mandate mehr und wurde nur über Umwege als Steuerrechtsanwältin zugelassen. Während des Kriegs wurde sie überwacht und erhielt von der örtlichen Gestapo eine ernste Verwarnung unter Androhung strengster Maßregeln bei Zuwiderhandlungen. 1942 wurde die Kanzlei durchsucht und verschiedene Akten beschlagnahmt. Aus Sorge vor weiteren Repressionen vernichtete die Lebensgefährtin von Maria Plum alle Akten seit 1933, die auf eine zu enge Verbindung mit Jüd*innen hindeuteten.
Marie Luise Goppel lebte mit Maria Plum zusammen und war zudem seit 1931 als Bürovorsteherin in der Kanzlei tätig. Die beiden Freundinnen sammelten Münzen, gingen in Konzerte und unternahmen Reisen. Auch wenn die Beziehung nach außen platonisch schien, war die Nähe der beiden anscheinend ein offenes Geheimnis. So schrieb etwa eine Freundin in einem Brief an Maria Plum im Juli 1938: „Auch sind meine Zukunftswünsche an Sie (und Fräulein G.) die denkbar herzlichsten." Zwar nahmen die meisten nationalsozialistischen Machthaber gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Frauen nicht als ernstzunehmende Bedrohung wahr, dennoch wurde die sich in der Weimarer Republik verstärkt entfaltende Subkultur gänzlich verboten und viele frauenliebende Frauen wurden überwacht. Die nicht-heteronorme Beziehung von Maria Plum und Marie Luise Goppel war für beide durchaus eine Gefahr, dennoch hielten sie daran fest und teilten auch während des Zweiten Weltkriegs ihr berufliches und privates Leben.
Nach Kriegsende wurde die Kanzlei von Maria Plum und Karola Fettweis geleitet. Die als „Löwentruppe" bekannte Arbeitsgemeinschaft organisierte juristische Ausschüsse mit Freiburger Frauenorganisationen und sozialen Einrichtungen. Fettweis wirkte in der Nachkriegszeit in der Eherechtskommission und an der Reform des Familienrechts mit und auch Maria Plum setzte sich weiterhin für die Gleichberechtigung von Frauen ein. Die Kanzlei wurde über die Grenzen Freiburgs hinaus bekannt und half vielen jungen Frauen, im juristischen Bereich Fuß zu fassen. Die Universität verlieh Maria Plum im Februar 1962 als erster Frau die Ehrensenatorenwürde und hob dadurch ihr besonderes gesellschaftliches Engagement hervor. Noch im selben Jahr starb Maria Plum bei einem Verkehrsunfall.
Weiterführende Literatur und Quellen:
Tula Huber-Simons: Dr. rer. pol. Maria Plum. Die erste niedergelassene Rechtsanwältin Freiburg, in: Tröndle-Weintritt, Isolde (Hg.): „Nun gehen Sie hin und heiraten Sie!". Die Töchter der Alma mater im 20. Jahrhundert. Freiburg i. Br. 1997, S. 44-57.
Astrid Mischlich: 85 Jahre DAB-Regionalgruppe Freiburg. Ein Streifzug durch ihre Geschichte. Hg. v. Deutscher Akademikerinnenbund - Regionalgruppe Freiburg, Freiburg 2014.
Isolde Tröndle-Weintritt,: Die Freiburger Gruppe des Deutschen Akademikerinnenbundes (DAB) und die Freiburger Akademikerinnen e.V. (FA), in: Tröndle-Weintritt (Hg.): Die Töchter der Alma mater, Freiburg i. Br., S. 374-385.
Bildquelle: privat
Autorin: Muriel Lorenz
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