11. März: Amalie Kauffmann (1816–1869)
Kaufmannswitwe und Unternehmerin


Amalie Kauffmann mit ihren Kindern, ca. 1860
Amalie Kauffmann kann mit Recht als eine der ersten Unternehmerinnen Mannheims bezeichnet werden. Sie selbst hat ihre wirtschaftliche Rolle eher heruntergespielt.
1867 gründeten drei Mannheimer Brüder, Friedrich, Ludwig und Eduard Kauffmann im Schriesheimer Tal die Firma „Ed. Kauffmann Söhne". Aus dem Großhandel mit Mühlenfabrikaten, Hülsenfrüchten und Sämereien ging 1883 die "Erste Mannheimer Dampfmühle von Ed. Kauffmann Söhne" hervor. Das Unternehmen erlangte in den Folgejahren in Mannheims Wirtschaftsleben große Bedeutung. Die Söhne wollten mit der Firmen-Namensgebung offenbar dem verstorbenen Vater ein Denkmal setzen. Und die Mutter? Liest man ihre autobiografischen Aufzeichnungen, dann lässt sich vermuten, dass sie mit dem Firmennamen einverstanden war. Ganz selbstverständlich standen Frauen im 19. Jahrhundert nicht nur mit ihren wirtschaftlichen Aktivitäten im Schatten ihrer Ehemänner, selbst als Witwen.
Wer war Amalie Kauffmann?
Amalie Baunach, geboren am 11. März 1816, entstammte einer Odenwälder Kaufmannsfamilie. Die wohlbehütete Bürgertochter erhielt die übliche Halbbildung, die zeitgenössisch Bürgertöchtern zugestanden wurde. Aber sie kam auch früh mit den liberalen Ideen des Vormärz in Verbindung. Als Pensionärin in Heidelberg zwischen 1832 und 1834 konnte sie die aufgebrachte vorrevolutionäre Stimmung hautnah miterleben. „Im Ottendorfschen Hause", erinnerte sie sich später, „war der Zusammenfluss der freisinnigen Welt. Eine Menge Polen, welche von ihr Unterstützung erhielten, frühere Burschenschaftler und was in Heidelberg an Liberalen war, ging hier aus und ein; es war ein politisches Leben und reich an Stoff, da alle Glieder des Hauses mit großem Interesse alle politischen Blätter lasen und das Staatsleben Deutschlands verfolgten." Von Heidelberg verabschiedete sich Amalie Baunach unter Tränen. Daheim im Elternhaus war die junge Frau zum dumpfen Warten auf die passende Heirat verdammt. Diese ging sie 1840 mit dem Mannheimer Drogisten Eduard Kauffmann ein. Dass Amalies Hoffnungen auf wechselseitig wachsende Liebe zwischen den Partnern, gleichen Ideen und Vertrauen wenig realitätsnah waren, erfuhr sie bereits auf der Hochzeitsreise. Wie ihr distanzierter kühler Ehemann später gestand, war sein Mannheimer Unternehmen hoch verschuldet. Amalies Mitgift versprach Besserung. Die Kälte Eduards auf der Hochzeitreise sollte nicht ihre letzte Enttäuschung bleiben. Doch Amalie hielt sich tapfer an die zeitgenössischen Ratgeber für junge Ehefrauen. „Ich verleugnete mein ganzes Wesen, tat nur, wie er es wollte, und fand mich ganz in ihm." Und so gelang es ihr, ihren Mann bis 1846 zu „erobern". Sechs Kinder brachte Amalie in den Jahren ihrer Ehe zur Welt. Sie half im Geschäft, verhinderte 1846 den Konkurs unter Einsatz ihres privaten Vermögens und hielt Eduard den Rücken frei für „literarische Arbeiten" und sein Engagement bei den Freimaurern. Das „Detailgeschäft in Material, Farb- und Spezereiwaren" stand 1849 schließlich erneut vor dem drohenden Bankrott. Als sich Eduard der Krise entzog und sich per Schiff nach Amerika absetzte, versuchte Amalie in gewohnter Manier die geschäftliche Lage zu bereinigen. „Ich bin im Begriff, einen außerordentlichen Vergleich einzugehen mit 20 %, um Dir die einzige Rückkehr möglich zu machen", versuchte sie ihrem Mann brieflich mitzuteilen. Doch das Schreiben blieb liegen. Am 17. März 1849 erhielt sie die Nachricht, dass das Auswandererschiff Floridian Schiffbruch erlitten hatte und ihr Mann umgekommen war.
Amalie suchte Trost in der Religion und im Wachhalten der Erinnerung an ihren verstorbenen Ehemann. Noch 1849, gerade 33-jährig, mit sechs Kindern im Alter zwischen einem und acht Jahren, kurbelte die Witwe das heruntergewirtschaftete Handelsgeschäft wieder an. Das Geschäft entwickelte sich in den Folgejahren zum Großhandel für Hülsenfrüchte und Mühlenfabrikate und zur Grundlage der späteren Mühlengründung. Als Amalie Kauffmann am 18. Oktober 1869 erst 53-jährig starb, so Florian Waldeck in seiner Beschreibung alter Mannheimer Familien, „stand ihr Haus wohl gefestigt da, zum großen Teil dank ihres rastlosen Schaffens und Wirkens."
Weiterführende Literatur und Quellen:
Ulrike Brummert/Sylvia Schraut: Zwischen bürgerlichem Frauenbild und Selbstbehauptung: Amalie Kauffmann (1816-1869), in: Stadt ohne Frauen? Frauen in der Geschichte Mannheims. Hsg. von der Frauenbeauftragten der Stadt Mannheim und den Autorinnen, Mannheim 1993, S. 63-76
Bildquelle: MARCHIVUM AB02302-014
Autorin: Sylvia Schraut

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