20. November: Maria Theresia Canton (1795–1870)
Gründerin und Präsidentin des Mannheimer Frauenvereins „Concordia”


Ausschnitt Familienbogen Maria Theresia Canton
Wie konnten sich Frauen an der Revolution 1848/49 beteiligen? Nach den damaligen Vorstellungen war die ideale Frau sittsam und zurückhaltend und trat nicht in der Öffentlichkeit auf. Aber Frauen sahen in Vereinen eine Möglichkeit tätig zu werden. Das geschah auch in Mannheim, wo Theresia Canton den Frauenverein „Concordia" gründete.
Maria Theresia wurde um 1795 in Mannheim geboren. Ihre Eltern waren Maria Hartmuth und Anton Hartmuth, königlich bayerischer Hauptmann. Maria Theresia heiratete am 23. November 1813 den Weinheimer Handelsmann Joseph Canton. Nachdem dieser im Jahre 1826 verstarb, kehrte die 31-Jährige mit ihren zwei Kindern nach Mannheim zu ihrer Mutter zurück, die seit 24 Jahren eine „Wartschule" in F 5, 8 führte. In dieser wurde Theresia Canton noch in demselben Jahr tätig. Im Mai 1847 übernahm sie schließlich die ‚Wartschule‘ von ihrer Mutter. Canton warb damit, dass sie die Verwahrung von Kindern aus Idealismus betreibe und „Freude, Erholung und Beruhigung in ihrer treuen Überwachung und Pflege" finde.
Mannheim war ein Zentrum der Badischen Revolution. Wie auch an anderen Orten nahmen Frauen im Rahmen ihrer damals engen Möglichkeiten an ihr Anteil. Nachdem bereits im Sommer 1848 in Mannheim ein erster Frauenverein gegründet worden war, gründete Maria Theresia Canton im November 1848 einen zweiten Frauenverein namens „Concordia" (wörtlich ‚Eintracht‘). Seine Gründung wurde in der Mannheimer Abendzeitung vom 17. November 1848 angekündigt. Die erste Versammlung hielt die „Concordia" am 5. Februar 1849 in der Gaststätte „Badner Hof" ab. Mit dem Verein wollte Theresia Canton die „Sache des Volks" vertreten und die republikanische Sache unterstützen. Praktisch geschah dies durch die Sammlung von Kleidern und Ausrüstungsgegenständen für die Revolutionäre; es wurden auch Fahnen gespendet.
Wegen einer Spende roter Halsbinden an Revolutionäre im Bruchsaler Gefängnis wurde der Verein im April 1849 vom badischen Justizministerium verwarnt. Im August 1849 kam es zu einem allgemeinen Vereinsverbot, das auch die „Concordia" traf.
Theresia Canton und ihrer Mutter wurde die Witwenpension gestrichen und die „Wartschule" für Kleinkinder wurde geschlossen. Wie die Mainzerin Kathinka Zitz von einer Reise nach Mannheim berichtete, drohte Theresia Canton auch eine Gefängnisstrafe, weil sie eine „aufwiegelnde Rede" bei der Überreichung einer Fahne an die polnische Legion in Ludwigshafen gehalten haben sollte. Jedoch kam es wohl nie zu einer Anklage.
Maria Theresia Canton verstarb am 20. November 1870 in Mannheim.
Auf Maria Theresia Canton und ihren Verein wird auf der Stadtpunktetafel „Sozialer Wohnungsbau im Quadrat F 5", wo sie auch wohnte, hingewiesen. Dieser Stadtpunkt steht für Demokratie, Arbeiterbewegung und Widerstand.
Weiterführende Literatur und Quellen:

Arbeitskreis der Archive im Rhein-Neckar-Dreieck (Hg.): Der Rhein-Neckar-Raum und die Revolution von 1848/49. Revolutionäre und ihre Gegenspieler, Ubstadt-Weiher 1998, ISBN 978-3-929366-64-8 , S. 108-109.
Hummel Haasis, Gerlinde : Schwestern zerreißt eure Ketten, München 1982, ISBN 3-923003-61-7, S. 261 ff. und S. 292 ff.

Autorinnen: Anna Albrecht/Melis Kijak/Sara Mercan/Emma Mumber/Rabia Uysal (Schülerinnen des Karl-Friedrich-Gymnasiums Mannheim) und Gabriele Pieri. Der Text entstand im Rahmen der Projektwoche "Wiki-Girls - Geschichte(n) schreiben" im Juli 2022 in Mannheim.

Bildquelle: MARCHIVUM AB01612-9-110d.

Datum: 18. November 2022


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