05.
Juli:
Clara Zetkin (1857—1933)
Zum 167. Geburtstag der weltbekannten Frauenpolitikerin
Die im sächsischen Wiederau in der Nähe von Chemnitz am 5.7.1857 als älteste Tochter des dort tätigen Kantors Gottfried Eißner und seiner der bürgerlichen Frauenbewegung zugehörigen Frau Josephine, geb. Vitale, auf die Welt gekommene Clara Eißner war Anfeindungen, Polarisierungen und gesellschaftliche Unverträglichkeiten von klein auf gewohnt. Dass ihre Person und ihre oft widersprüchlich dokumentierten biographischen Daten und angeblichen Äußerungen auch heute immer noch ein Zerrbild ihrer persönlichen Geschichte präsentieren, bezeugt im besten Falle auch ihre Brisanz. Die muss immer wieder auch zeit- und textkritisch hinterfragt werden.
Das historische Tableau des gesellschaftlichen „Standings" der Clara Eißner-Zetkin-Zundel beginnt in Wiederau. Die Familie Eißner lebte in diesem dörflichen Ambiente in einer exponierten Stellung: Die Mutter vertrat auch als Gründerin des Turnvereins für Frauen die Interessen der bürgerlichen Frauenbewegung, der Vater war als Vermittler der Ideen der Aufklärung mit der Autorität seines geistigen und musischen Selbstbewusstseins in seiner Kommune präsent. Dann folgte der Umzug der ganzen Familie nach Leipzig, um Clara im Steyberschen Reforminstitut eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Trotz ihres brillanten Abschlusses haderte sie lebenslang mit der bürgerlichen Frauenbewegung und mit ihrer Anstellung als Erzieherin und Hauslehrerin von 1878-1882. Von der Familie wird ihre Verbindung mit der sozialistischen Bewegung und dem russischen Emigranten Ossip Zetkin (1850-1890) nicht gutgeheißen. Das Sozialistengesetz, ihre Emigration nach Zürich und dann 1892 nach Paris zu Zetkin, das Großziehen der beiden in Paris geborenen Söhne Maxim (1883-1965) und Kostja (1885-1980) in Armut und Bedrängnis sind für sie eine schwere Bürde.
Dass Clara, die jetzt den Schriftstellerinnennamen Zetkin trägt, in der sozialistischen Bewegung auch international Karriere macht, erweckt aber auch Bewunderung.
Wurde sie in all diesen Lebensetappen von ihrem Selbstbewusstsein getragen? Oder zweifelte sie auch am eingeschlagenen Weg? Unterstützt wurde sie von Gleichgesinnten, ihr wachsender politischer Erfolg bestätigte sie. Das „Frauenthema" wurde geboren und war ihr bis ans Lebensende trotz ihrer Parteienumorientierungen von der SPD zur USPD und dann zur KPD das Wichtigste.
1892 konnte sie nach Deutschland zurückkehren. Über 30 Jahre hat sie in Stuttgart gelebt, hat für die sozialistische Arbeiterinnenzeitung „Die Gleichheit" gearbeitet, für die Gleichberechtigung der Frauen gekämpft und dann nach der Heirat im Jahr 1899 mit dem 19 Jahre jüngeren Maler Friedrich Zundel (1875-1948) in der zusammen konzipierten „Datsche Zundel" — so Lenin 1907 bei der Internationalen sozialistischen Konferenz 1907 in Stuttgart — fast großbürgerlich auf einem weitläufigen Landareal „Hof gehalten" und auch mit ihrer engen Freundin Rosa Luxemburg im Garten gearbeitet.
Sie war für die USPD eine der ersten 13 weiblichen Landtagsabgeordneten 1919 in Württemberg, dann von 1920 bis 1933 Reichstagsabgeordnete für die KPD bis zu ihrem Tod am 20. Juli 1933 in Moskau.
Die Existenz Zundels wurde in der DDR nicht wahrgenommen. Lange Zeit schwirrten auch falsche Daten über den Zeitpunkt der Scheidung in biographischen Texten. Dass die Zetkin-Zundels nach einem über zehnjährigen Ehekrieg am 23.2.1928 in einer Berliner Gerichtsverhandlung geschieden wurden, ist vom Datum her wenig bekannt. Ihre gewohnte Souveränität hat Clara Zetkin zumindest in diesem Zusammenhang nicht gewahrt.
Ein Leben lang wurde sie auch weltweit verehrt, geliebt, aber auch gehasst und bei Verhaftungen und Gefängnisstrafen lebensgefährlich misshandelt. Im Moskauer Exil seit 1932 war sie nach Lenins Tod nur als alte, fast erblindete Ikone des sozialistischen Kommunismus geduldet und manipuliert.
Sie stand lange im aggressiv ausgeleuchteten Rampenlicht. Und steht auch heute noch mittendrin: In Tübingen sollte ihr Straßenschild im Zuge eines großen kommunalen Durchgriffs auf „braune" Schilder mit einem warnenden gelben Knoten versehen werden. Mit dem Aufruf: „Kein Knoten für Zetkin" ist es der dortigen „Knoten-Initiative" trotz des negativen universitären Gutachtens gelungen, einen Knoten am Straßenschild zu verhindern. Mit 25 von 32 Stimmen wurde im Tübinger Gemeinderat im Oktober 2023 gegen einen Knoten für die Clara-Zetkin-Straße gestimmt.
Das historische Tableau des gesellschaftlichen „Standings" der Clara Eißner-Zetkin-Zundel beginnt in Wiederau. Die Familie Eißner lebte in diesem dörflichen Ambiente in einer exponierten Stellung: Die Mutter vertrat auch als Gründerin des Turnvereins für Frauen die Interessen der bürgerlichen Frauenbewegung, der Vater war als Vermittler der Ideen der Aufklärung mit der Autorität seines geistigen und musischen Selbstbewusstseins in seiner Kommune präsent. Dann folgte der Umzug der ganzen Familie nach Leipzig, um Clara im Steyberschen Reforminstitut eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Trotz ihres brillanten Abschlusses haderte sie lebenslang mit der bürgerlichen Frauenbewegung und mit ihrer Anstellung als Erzieherin und Hauslehrerin von 1878-1882. Von der Familie wird ihre Verbindung mit der sozialistischen Bewegung und dem russischen Emigranten Ossip Zetkin (1850-1890) nicht gutgeheißen. Das Sozialistengesetz, ihre Emigration nach Zürich und dann 1892 nach Paris zu Zetkin, das Großziehen der beiden in Paris geborenen Söhne Maxim (1883-1965) und Kostja (1885-1980) in Armut und Bedrängnis sind für sie eine schwere Bürde.
Dass Clara, die jetzt den Schriftstellerinnennamen Zetkin trägt, in der sozialistischen Bewegung auch international Karriere macht, erweckt aber auch Bewunderung.
Wurde sie in all diesen Lebensetappen von ihrem Selbstbewusstsein getragen? Oder zweifelte sie auch am eingeschlagenen Weg? Unterstützt wurde sie von Gleichgesinnten, ihr wachsender politischer Erfolg bestätigte sie. Das „Frauenthema" wurde geboren und war ihr bis ans Lebensende trotz ihrer Parteienumorientierungen von der SPD zur USPD und dann zur KPD das Wichtigste.
1892 konnte sie nach Deutschland zurückkehren. Über 30 Jahre hat sie in Stuttgart gelebt, hat für die sozialistische Arbeiterinnenzeitung „Die Gleichheit" gearbeitet, für die Gleichberechtigung der Frauen gekämpft und dann nach der Heirat im Jahr 1899 mit dem 19 Jahre jüngeren Maler Friedrich Zundel (1875-1948) in der zusammen konzipierten „Datsche Zundel" — so Lenin 1907 bei der Internationalen sozialistischen Konferenz 1907 in Stuttgart — fast großbürgerlich auf einem weitläufigen Landareal „Hof gehalten" und auch mit ihrer engen Freundin Rosa Luxemburg im Garten gearbeitet.
Sie war für die USPD eine der ersten 13 weiblichen Landtagsabgeordneten 1919 in Württemberg, dann von 1920 bis 1933 Reichstagsabgeordnete für die KPD bis zu ihrem Tod am 20. Juli 1933 in Moskau.
Die Existenz Zundels wurde in der DDR nicht wahrgenommen. Lange Zeit schwirrten auch falsche Daten über den Zeitpunkt der Scheidung in biographischen Texten. Dass die Zetkin-Zundels nach einem über zehnjährigen Ehekrieg am 23.2.1928 in einer Berliner Gerichtsverhandlung geschieden wurden, ist vom Datum her wenig bekannt. Ihre gewohnte Souveränität hat Clara Zetkin zumindest in diesem Zusammenhang nicht gewahrt.
Ein Leben lang wurde sie auch weltweit verehrt, geliebt, aber auch gehasst und bei Verhaftungen und Gefängnisstrafen lebensgefährlich misshandelt. Im Moskauer Exil seit 1932 war sie nach Lenins Tod nur als alte, fast erblindete Ikone des sozialistischen Kommunismus geduldet und manipuliert.
Sie stand lange im aggressiv ausgeleuchteten Rampenlicht. Und steht auch heute noch mittendrin: In Tübingen sollte ihr Straßenschild im Zuge eines großen kommunalen Durchgriffs auf „braune" Schilder mit einem warnenden gelben Knoten versehen werden. Mit dem Aufruf: „Kein Knoten für Zetkin" ist es der dortigen „Knoten-Initiative" trotz des negativen universitären Gutachtens gelungen, einen Knoten am Straßenschild zu verhindern. Mit 25 von 32 Stimmen wurde im Tübinger Gemeinderat im Oktober 2023 gegen einen Knoten für die Clara-Zetkin-Straße gestimmt.
Weiterführende Literatur und Quellen:
Stadtlexikon der Stadt Stuttgart, Mascha Riepl-Schmidt, Clara Zetkin (1857-1933),
publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart, URL:
https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/bb8117ff-7a99-4d44-9524-5f8ce0a4cadc/Clara_Zetkin_%281857-1933%29.html
Mascha Riepl-Schmidt, Clara Zetkin, das Frauenwahlrecht und ihre Parteikarriere im der SPD, der USPD und der KPD, in: Sabine Holtz/Sylvia Schraut (Hrsg.), 100 Jahre Frauenwahlrecht im deutschen Südwesten. Eine Bilanz, Stuttgart, 2020, S. 187-202.
Florence Hervé (Hrsg.), Clara Zetkin oder: Dort kämpfen, wo das Leben ist. Dietz, Berlin 20204
Marga Voigt (Hrsg.), Clara Zetkin, Die Briefe 1914-1933, Bd. 1. Die Kriegsbriefe (1914-1918), Berlin 1916.
Jörn Schütrumpf/Marga Voigt, (Hrsg.), Clara Zetkin. Die Briefe 1914-1933, Bd. 2. Die Revolutionsbriefe 1919-1923, Berlin 1923.
Regina Scheer, Bittere Brunnen. Hertha Gordon-Walcher und der Traum von der Revolution, München 2023.
Bildquelle: unbekannt
Autorin: Mascha Riepl-Schmidt
Datum: 04.07.2024
publiziert am 19.04.2018 in: Stadtarchiv Stuttgart, URL:
https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/bb8117ff-7a99-4d44-9524-5f8ce0a4cadc/Clara_Zetkin_%281857-1933%29.html
Mascha Riepl-Schmidt, Clara Zetkin, das Frauenwahlrecht und ihre Parteikarriere im der SPD, der USPD und der KPD, in: Sabine Holtz/Sylvia Schraut (Hrsg.), 100 Jahre Frauenwahlrecht im deutschen Südwesten. Eine Bilanz, Stuttgart, 2020, S. 187-202.
Florence Hervé (Hrsg.), Clara Zetkin oder: Dort kämpfen, wo das Leben ist. Dietz, Berlin 20204
Marga Voigt (Hrsg.), Clara Zetkin, Die Briefe 1914-1933, Bd. 1. Die Kriegsbriefe (1914-1918), Berlin 1916.
Jörn Schütrumpf/Marga Voigt, (Hrsg.), Clara Zetkin. Die Briefe 1914-1933, Bd. 2. Die Revolutionsbriefe 1919-1923, Berlin 1923.
Regina Scheer, Bittere Brunnen. Hertha Gordon-Walcher und der Traum von der Revolution, München 2023.
Bildquelle: unbekannt
Autorin: Mascha Riepl-Schmidt
Datum: 04.07.2024
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