20.
März:
Alice Bensheimer (1864–1935)
Frauenrechtlerin und Lokalpatriotin
Als der Bund Deutscher Frauenvereine (BDF) im Juni 1904 in Berlin den Kongress des International Councils of Women (IWC) ausrichtete, legte er für die Presse ein Büchlein mit Bildern und kurzen Viten der Kongress-Rednerinnen und Repräsentantinnen der einzelnen Landesverbände vor.
Über Alice Bensheimer ist zu lesen: „Betätigt sich auf dem Gebiete der Frauenbildung und Wohlfahrtsfragen. Ist städtische Armen- und Waisenpflegerin, Schriftführerin des Vereins Frauenbildung - Frauenstudium, Abteilung Mannheim und Schriftführerin der Rechtskommission des Bundes Deutscher Frauenvereine, redigiert u.a. eine wöchentlich in der Neuen Badischen Landeszeitung, Mannheim, erscheinende Rubrik „Für die Frau".
Die Aufzählung zeugt von einer höchst aktiven Frauenrechtlerin, die nicht nur in der Geschichte Mannheims, sondern auch in der Geschichte der deutschen Frauenbewegung lange nur als Randnotiz Erwähnung fand.
Dass sie in Vergessenheit geriet, ist nicht zuletzt dem Siegeszug des Nationalsozialismus anzulasten. Was wissen wir über Alice Bensheimer? Die Tochter des jüdischen Weinhändlers Zacharias Coblenz und seiner Frau Emilie, geborene Meyer kam am 6.5.1864 in Bingen zur Welt. Über ihren Bildungsgang ist nichts bekannt, aber er dürfte der üblichen privat organisierten Halbbildung entsprochen haben, die das Bürgertum seinen Töchtern zubilligte. 1885 heiratete sie den Mannheimer Verleger Julius Bensheimer. Als ihre beiden Kinder dem Kleinkindalter entwachsen waren, scheint sie sich mehr und mehr frauenrechtlerischen Themen zugewandt zu haben. 1905, ein Jahr nach dem Internationalen Kongress der Frauenbewegung in Berlin wurde sie in den Vorstand des BDF berufen. Ihm sollte sie bis 1931 als Schriftführerin angehören. Im Ersten Weltkrieg übernahm sie die Leitung der Zentrale für Kriegsfürsorge in Mannheim und sie war auch in der Weimarer Republik bis 1933 als Vorsitzende der Mannheimer Notgemeinschaft tätig. Wie ihr Mann liberaldemokratisch engagiert, wurde sie nach dem Ersten Weltkrieg in den weiteren Vorstand der Mannheimer Ortsgruppe der DDP gewählt. Die Gründung der Sozialen Frauenschule zur Ausbildung von Fürsorgerinnen und verwandten Frauenberufen im Jahr 1916 in Mannheim betrieb sie zusammen mit dem Verein „Frauenbildung - Frauenstudium".
Alice Bensheimer gehörte nicht zu den „Radikalen" in der bürgerlichen Frauenbewegung. Sie glaubte an einen evolutionären Weg zur Erringung der Gleichberechtigung. „Anpacken müssen die Frauen überall, mit dem frischen Mut, den ihre ungebrochene Arbeitskraft noch hat und mit dem Blick fürs Kleine, der ihnen eigen", schrieb sie in der „Frau" 1905. „Zuerst muss die Tatsache weiblicher Mitarbeit kommen; die Form, in der sich Stadt und Staat dieser dann bedienen, wird sich finden und anpassen; freilich: sich nicht an die Wand drücken lassen - gewissenhaft seine Pflicht erfüllen, aber dann auch Rechte verlangen!"
Dieser Devise entsprechend engagierte sie sich in ihrer Heimatstadt. Anlässlich des 300-jährigen Geburtstages Mannheims 1907 schrieb sie in der „Neuen Badischen Landes-Zeitung": „Nun denn, du hast das Verlangen der Zeit verstanden, du hast deinen Mädchen gewährt, mitzuwirken im Kampf gegen Armut und Elend, Beschränktheit und Unwissenheit. Freimütiger als andere Städte hast du diesen arbeitsfrohen Frauen zugebilligt, den Männern gleichgeordnet zu wirken, nicht untergeordnet. Lass dies meinen Wunsch sein: Nutze weiter die von deinen Frauen dir dargebrachte Arbeitskraft! Sieh in ihnen nicht nur Mütter des Hauses, sieh in ihnen auch Mütter der Stadt! Doppelt wirst du gedeihen, du Jubelstadt, wenn dich Männer und Frauen hüten und pflegen!"
Mit dem Siegeszug des Nationalsozialismus wurde es still um Alice Bensheimer. Ein gnädiger Tod ersparte ihr am 20.3.1935 die Konfrontation mit den zunehmenden Verfolgungen, denen bald auch in Mannheim die Einwohner jüdischer Konfession ausgesetzt waren. Zusammen mit ihrem Mann ist sie auf dem jüdischen Friedhof in Mannheim begraben.
Über Alice Bensheimer ist zu lesen: „Betätigt sich auf dem Gebiete der Frauenbildung und Wohlfahrtsfragen. Ist städtische Armen- und Waisenpflegerin, Schriftführerin des Vereins Frauenbildung - Frauenstudium, Abteilung Mannheim und Schriftführerin der Rechtskommission des Bundes Deutscher Frauenvereine, redigiert u.a. eine wöchentlich in der Neuen Badischen Landeszeitung, Mannheim, erscheinende Rubrik „Für die Frau".
Die Aufzählung zeugt von einer höchst aktiven Frauenrechtlerin, die nicht nur in der Geschichte Mannheims, sondern auch in der Geschichte der deutschen Frauenbewegung lange nur als Randnotiz Erwähnung fand.
Dass sie in Vergessenheit geriet, ist nicht zuletzt dem Siegeszug des Nationalsozialismus anzulasten. Was wissen wir über Alice Bensheimer? Die Tochter des jüdischen Weinhändlers Zacharias Coblenz und seiner Frau Emilie, geborene Meyer kam am 6.5.1864 in Bingen zur Welt. Über ihren Bildungsgang ist nichts bekannt, aber er dürfte der üblichen privat organisierten Halbbildung entsprochen haben, die das Bürgertum seinen Töchtern zubilligte. 1885 heiratete sie den Mannheimer Verleger Julius Bensheimer. Als ihre beiden Kinder dem Kleinkindalter entwachsen waren, scheint sie sich mehr und mehr frauenrechtlerischen Themen zugewandt zu haben. 1905, ein Jahr nach dem Internationalen Kongress der Frauenbewegung in Berlin wurde sie in den Vorstand des BDF berufen. Ihm sollte sie bis 1931 als Schriftführerin angehören. Im Ersten Weltkrieg übernahm sie die Leitung der Zentrale für Kriegsfürsorge in Mannheim und sie war auch in der Weimarer Republik bis 1933 als Vorsitzende der Mannheimer Notgemeinschaft tätig. Wie ihr Mann liberaldemokratisch engagiert, wurde sie nach dem Ersten Weltkrieg in den weiteren Vorstand der Mannheimer Ortsgruppe der DDP gewählt. Die Gründung der Sozialen Frauenschule zur Ausbildung von Fürsorgerinnen und verwandten Frauenberufen im Jahr 1916 in Mannheim betrieb sie zusammen mit dem Verein „Frauenbildung - Frauenstudium".
Alice Bensheimer gehörte nicht zu den „Radikalen" in der bürgerlichen Frauenbewegung. Sie glaubte an einen evolutionären Weg zur Erringung der Gleichberechtigung. „Anpacken müssen die Frauen überall, mit dem frischen Mut, den ihre ungebrochene Arbeitskraft noch hat und mit dem Blick fürs Kleine, der ihnen eigen", schrieb sie in der „Frau" 1905. „Zuerst muss die Tatsache weiblicher Mitarbeit kommen; die Form, in der sich Stadt und Staat dieser dann bedienen, wird sich finden und anpassen; freilich: sich nicht an die Wand drücken lassen - gewissenhaft seine Pflicht erfüllen, aber dann auch Rechte verlangen!"
Dieser Devise entsprechend engagierte sie sich in ihrer Heimatstadt. Anlässlich des 300-jährigen Geburtstages Mannheims 1907 schrieb sie in der „Neuen Badischen Landes-Zeitung": „Nun denn, du hast das Verlangen der Zeit verstanden, du hast deinen Mädchen gewährt, mitzuwirken im Kampf gegen Armut und Elend, Beschränktheit und Unwissenheit. Freimütiger als andere Städte hast du diesen arbeitsfrohen Frauen zugebilligt, den Männern gleichgeordnet zu wirken, nicht untergeordnet. Lass dies meinen Wunsch sein: Nutze weiter die von deinen Frauen dir dargebrachte Arbeitskraft! Sieh in ihnen nicht nur Mütter des Hauses, sieh in ihnen auch Mütter der Stadt! Doppelt wirst du gedeihen, du Jubelstadt, wenn dich Männer und Frauen hüten und pflegen!"
Mit dem Siegeszug des Nationalsozialismus wurde es still um Alice Bensheimer. Ein gnädiger Tod ersparte ihr am 20.3.1935 die Konfrontation mit den zunehmenden Verfolgungen, denen bald auch in Mannheim die Einwohner jüdischer Konfession ausgesetzt waren. Zusammen mit ihrem Mann ist sie auf dem jüdischen Friedhof in Mannheim begraben.
Weiterführende Literatur und Quellen:
Bensheimer, Alice, Die Organisation des Badischen Frauenvereins, Vortrag, gehalten von Alice Bensheimer, Mannheim, beim internationalen Frauenkongreß in Berlin, am 13.6.1904, Mannheim 1904.
Alice Bensheimer: Die Frau im Dienst der Gemeinde, in: Die Frau 15 (1908), S. 193-199.
Alice Bensheimer, Praktische Winke zur Abfassung von Petitionen, in: Jahrbuch der Frauenbewegung 1912, Leipzig und Berlin 1912, S. 201-204.
Bäumer, Gertrud, Alice Bensheimer. In: Die Frau 41 (1933/34), S. 551.
Ender, Emma, Alice Bensheimer. In: Die Frau 42 (1934/35), S. 426f.
Schraut, Sylvia, Chancen und Grenzen kommunalen Engagements der bürgerlichen Frauenbewegung im Wilhelminischen Kaiserreich: das Beispiel Alice Bensheimer (Mannheim), in: Bräunche, Ernst Otto (Hg.), Stadt und Demokratie, Ostfildern 2014, S. 179-194.
Bildquelle: Marchivum, GF00053
Autorin: Sylvia Schraut
Alice Bensheimer: Die Frau im Dienst der Gemeinde, in: Die Frau 15 (1908), S. 193-199.
Alice Bensheimer, Praktische Winke zur Abfassung von Petitionen, in: Jahrbuch der Frauenbewegung 1912, Leipzig und Berlin 1912, S. 201-204.
Bäumer, Gertrud, Alice Bensheimer. In: Die Frau 41 (1933/34), S. 551.
Ender, Emma, Alice Bensheimer. In: Die Frau 42 (1934/35), S. 426f.
Schraut, Sylvia, Chancen und Grenzen kommunalen Engagements der bürgerlichen Frauenbewegung im Wilhelminischen Kaiserreich: das Beispiel Alice Bensheimer (Mannheim), in: Bräunche, Ernst Otto (Hg.), Stadt und Demokratie, Ostfildern 2014, S. 179-194.
Bildquelle: Marchivum, GF00053
Autorin: Sylvia Schraut
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