14. Januar: Ida Dehmel (1870–1942)
Eine süddeutsche Hamburgerin


Ida Dehmel
Was hatte die Begründerin der GEDOK (Gemeinschaft deutsch-oesterreichischer Künstlerinnen und Kunstfreundinnen) mit Mannheim zu tun, dass ihr die Stadt einen Ida-Dehmel-Ring widmete?
Ida Dehmel wurde am 14. Januar 1870 als viertes Kind des Weinhändlers Simon Coblenz und seiner Frau Emilie in Bingen geboren. Das aufgeweckte und phantasievolle Kind erhielt zusammen mit seinen älteren Schwestern Privatunterricht, nach dem frühen Tod der Mutter kam sie in ein Pensionat in Brüssel. Sie wuchs zwar zweisprachig deutsch-französisch auf, legte aber ihren süddeutschen Dialekt nie ganz ab. Innerhalb der Familie galt sie als enfant terrible, was sie zu einer verschlossenen Jugendlichen werden ließ. Bei einem Besuch ihrer jungvermählten Schwester Alice Bensheimer in Mannheim nahm sich diese mitleidvoll der Fünfzehnjährigen an. Daraus entstand eine lebenslange intensive Beziehung, die in häufigen Besuchen in Mannheim und zahlreichen Briefen ihren Niederschlag fand - eine wichtige Quellenbasis für beide Frauen.
Unter dem Druck der Familie heiratete Ida Coblenz 1895 einen Berliner Kaufmann, dessen Vermögensverhältnisse ihr erlaubten, einen Salon zu führen, in dem sie schon berühmte, aber auch avantgardistische Künstler/innen empfing und förderte. Hier lernte sie den unkonventionellen, aber verheirateten Dichter Richard Dehmel kennen und lieben.
Die Untreue ihres Ehemannes veranlasste sie, mit ihrem neugeborenen Kind nach Mannheim zu ihrer Schwester zu fliehen. Durch den finanziellen Bankrott des Ehemannes konnte sie sich aus der Ehe befreien. Bis zu ihrer Heirat mit Dehmel lebte Ida in Heidelberg. Das Paar knüpfte lebhafte Kontakte zur Künstlerkolonie in Darmstadt.
Nach ihrer Heirat 1901 zog das Paar nach Blankenese. Ida Dehmel gehörte in Hamburg zu den Gründerinnen des „Frauenclubs", aus dem sich ein ständiges Kommunikationszentrum für die tonangebenden Damen des Hamburger Großbürgertums entwickelte. Durch dort von Ida organisierte Verkaufsausstellungen konnten schon damals Künstlerinnen unterstützt werden.
Unter dem Einfluss ihrer Mannheimer Schwester Alice engagierte sich Ida in der von ihr mitbegründeten „Deutschen Vereinigung für Frauenstimmrecht" und wirkte als Schriftführerin an der Zeitung „Frau und Staat" mit.
Als Frau aus dem Bürgertum lernte sie während des Krieges zum ersten Mal die Befriedigung durch Arbeit kennen und schätzen. Sie engagierte sich als zweite Vorsitzende des „Deutschen Frauendanks" und war kommunal tätig als einziges weibliches Mitglied im Bewilligungsausschuss für Kriegerwitwen der Stadt Hamburg. Unter dem Pseudonym Coba Lenz veröffentlichte sie 1915 einen Grundsatzartikel zum Thema „Das Frauenstimmrecht und der Weltkrieg". So überrascht es nicht, dass diese vielseitige Frau im November 1918 in die nationalliberale DVP eintrat und eine der wichtigsten Aktivistinnen mit hervorragenden rhetorischen Fähigkeiten im Wahlkampf für die verfassungsgebende Nationalversammlung wurde.
Nach dem Tod ihres Mannes 1920 konzentrierte sich Ida auf die Pflege seines Nachlasses. Es gelang ihr, das von ihr eingerichtete Dehmelarchiv an die Stadt Hamburg zu verkaufen und damit nicht nur das Dehmelhaus als kulturelle Begegnungsstätte zu retten, sondern auch den in die Tausende gehenden Bestand an Briefen zu bewahren.
1926 gründete und leitete Ida das, was ihren Namen bis heute ins Gedächtnis rückt, die GEDOK, die sehr schnell zahlreiche Untergruppen aufbaute und bald bis zu 7000 Mitglieder zählte. Als Jüdin wurde Ida 1933 gezwungen ihr Amt als Vorsitzende niederzulegen. In ständiger Sorge vor der Deportation setzte sie 1942 ihrem Leben ein Ende. Ihre Nichte Marianne Gärtner sorgte nach dem Zweiten Weltkrieg für die Wiederbegründung der GEDOK.
Weiterführende Literatur und Quellen:
Hans-Joachim Hoffmann/Francois Van Menxel: Die jüdische Familie Simon Zacharias Simon (1836-1910) aus Bingen, Bingen 2017.
Helmut Stubbe-da Luz: Die Stadtmütter Ida Dehmel, Emma Ender, Margarete Treuge, Hamburg 1994.
Bildquelle: SUB Hamburg Dehmelarchiv
Autorin: Rosmarie Günther

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