02. Februar: Ilse Thomas (1949-2013)
Mannheims erste Frauenbeauftragte tritt ihr Amt an


Ilse Thomas (1987)
Am 2. Februar 1987 nahm die erste Frauenbeauftragte der Stadt Mannheim Ilse Thomas ihre Arbeit auf. Der Beschluss zur Einrichtung dieser Stelle war vom Mannheimer Gemeinderat am 6. November 1986 gefasst worden – gegen die Stimmen des damaligen SPD-Oberbürgermeisters Gerhard Widder und der CDU-Fraktion.
Vorausgegangen waren lange und heftige Diskussionen über die Notwendigkeit und die personelle Ausstattung einer solchen Stelle, deren Einrichtung insbesondere von der FDP-Stadträtin Ingeborg Nikitopoulos und der Fraktion der Grünen seit 1983 gefordert worden war. Vonseiten der Stadtspitze war dies immer wieder abgelehnt worden: Sowohl die angespannte Finanzlage der Stadt als auch die Behauptung, die Gleichstellung sei in der Stadtverwaltung gesichert, dienten als Begründung. Auf Stadtebene hatte sich ein 1984 gegründetes Frauenbündnis für die Schaffung einer kommunalen Gleichstellungsstelle eingesetzt. Auch DGB, DAG und ASF hatten dieses Anliegen unterstützt.
Ilse Thomas wurde am 8. November 1949 in Speyer geboren. Nach einer Lehre als Bürokauffrau arbeitete sie als Buchhalterin in der freien Wirtschaft, später als Politesse in Speyer. 1980 begann sie ein Studium an der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg, das sie 1983 als Diplom-Volkswirtin abschloss. Die alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern war Mitglied der SPD und leitete in Speyer den Kreisfrauenausschuss des DGB.
In ihrer Bewerbung schrieb Ilse Thomas: „Ziel ist nicht, die Frauenfrage aus der Verwaltung zur Frauenbeauftragten abzuschieben, sondern die Frauenfrage in jeden Politikbereich hineinzutragen, bis die Berücksichtigung der Interessen, Belange und Bedürfnisse der Frauen im täglichen Verwaltungshandeln Selbstverständlichkeit geworden ist. Ziel ist also, die Stelle der Frauenbeauftragten überflüssig zu machen."
Thomas begann ihre Arbeit mit nur einer Mitarbeiterin, bis zum Herbst 1987 hatten sie zudem nur einen Raum zur Verfügung (später wurde das Frauenbüro um eine wissenschaftliche Mitarbeiterin und eine Verwaltungsfachkraft erweitert). Trotz dieser anfänglichen Beschränkungen gelang es Ilse Thomas, ein breites Netzwerk von und für Frauen aufzubauen sowie Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen zu schaffen. In die ersten Jahre ihrer Arbeit fielen die Herausgabe eines Frauenhandbuchs sowie die Initiierung von Frauenkulturtagen, die mehrmals in zweijährigem Rhythmus stattfanden. 1992 konnte ein Frauenförderplan für die Stadtverwaltung Mannheim verabschiedet werden. Auch das Thema Gewalt gegen Frauen nahm breiten Raum in der Arbeit der Frauenbeauftragten ein.
Wichtiges Anliegen war der gewerkschaftlich geprägten Sozialdemokratin Thomas das Thema Berufstätigkeit von Frauen. So brachte sie 1991 ein Modellprojekt Neue Wege ins Berufsleben für Wiedereinsteigerinnen auf den Weg, aus dem 1994 die Kontaktstelle Frau und Beruf Mannheim entstand. Im Jahr 2002 initiierte Ilse Thomas das Gründerinnenzentrum gig7, das den Schritt von Frauen in die Selbständigkeit fördert.
Das Interesse von Ilse Thomas galt aber auch der Frauengeschichte Mannheims und dem Kulturbereich. Aus einem von ihr 1989 ins Leben gerufenen Arbeitskreis heraus entstanden zwei Bände mit grundlegenden Arbeiten zur Mannheimer Frauengeschichte, bei denen Thomas als (Mit-)Herausgeberin fungierte. Dadurch, so Thomas im Vorwort zum ersten Band, sollten auch „Frauen und Frauenbewegung[,] die nur wenigen bekannt waren, einer breiten Leserschaft zugänglich" gemacht werden. Ergänzt wurden diese Publikationen um einen Stadtrundgang zur Mannheimer Frauengeschichte im Kaiserreich (1995) und den Tagungsband „Frauen zwischen den Republiken" (1996).
Im Jahr 2002 gründete sich auf Initiative von Ilse Thomas der Mannheimer FrauenKulturRat, der sich die Verwirklichung der Chancengleichheit in allen kulturellen Bereichen als Ziel setzte.
Noch im Amt, starb Ilse Thomas am 28. April 2013. Als „kämpferische Pionierin" bezeichnete sie OB Peter Kurz im Rahmen der Trauerfeier. Eine kämpferische Haltung und Hartnäckigkeit waren sicher unerlässlich angesichts einer die Stadt führenden männlich geprägten Sozialdemokratie, die beim Amtsantritt von Ilse Thomas in der kommunalen (Verwaltungs-)Praxis keinerlei Missstände und Benachteiligungen von Frauen sehen wollte.
Weiterführende Literatur und Quellen:
Ilse Thomas: „Ziel ist also, die Stelle der Frauenbeauftragten überflüssig zu machen". In: Ulrich Nieß (Hrsg.): Jede Frau hat eine Geschichte. 25 Biographien Mannheimer Pionierinnen, Mannheim 2020, S. 56-57.
35 Jahre kommunale Gleichstellungsarbeit in Mannheim: https://www.mannheim.de/de/stadt-gestalten/verwaltung/aemter-fachbereiche-eigenbetriebe/demokratie-und-strategie/gleichstellungsbeauftragte/35-jahre-kommunale-gleichstellungsarbeit-in-mannheim (abgerufen am 22.01.2024)
Bildquelle: MARCHIVUM, Bildsammlung, AB03749-004
Autorin: Gabriele Pieri
Datum: 22. Januar 2024-01-22

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