24.
Dezember:
Stefie (Stefanie) Restle (1901–1978)
Sozialistische Politikerin, Gewerkschaftlerin und Pazifistin
Am 24. Dezember 1901 in Beuron geboren, verstand sich Stefanie Restle, die sich selbst immer Stefie nannte und am 8.10.1978 starb, vielleicht wirklich als Christkind, das die Welt verändern und verbessern wollte: Inmitten einer zehnköpfigen Geschwisterschar und als Tochter eines fürstlich-hohenzollernschen, später beamteten Revierförsters schien ihr Start für dieses Lebensziel nicht geeignet. Kurz nachdem sie 1907 in die Volksschule Beuron eingeschult worden war, starb die Mutter. Nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs wurde sie noch vor der Beendigung der 8. Klasse in die Klosterschule in Tutzing am Starnberger See geschickt. Nach einem Jahr fehlt dem Vater das nötige Schuldgeld. Stefie, die an ihrer Eignung zum Klosterberuf zweifelt, verlässt die Schule, absolviert ein Haushaltslernjahr und beginnt nach einem halbjährigen Besuch einer kaufmännischen Fachschule ihre berufliche Tätigkeit als Kontoristin einer Holzgroßhandlung. Um eine andere Sprache zu lernen, verlässt sie 1921 das gebeutelte Nachkriegsdeutschland und lebt in Norwegen, wo sie bis 1925 als Betreuerin in Familien und Betrieben arbeitet.
Ende März 1933 wird der Verwaltungsangestellten des Landesarbeitsamtes Südwestdeutschland in Stuttgart von den NS-Behörden gekündigt. Die Beschwerde der Sozialistin bleibt erfolglos. Nach fast zwei Jahren der Arbeitslosigkeit kann sie im jüdischen Kaufhaus Tietz in Stuttgart als Stenotypistin und dann als Buchhalterin im Autohaus Staiger arbeiten, wo sie sich für die Rechte der ausländischen Zwangsarbeiter einsetzt. Gestützt wird sie von ihrer Freundesgruppe der Stuttgarter SAP (Sozialistische Arbeiterpartei), die sich während der Nazidiktatur auf Wanderungen und gemeinsamen Unternehmungen gegen Hitler einschwört.
Nach 1945 wird sie zur Vorsitzenden des Betriebsrates gewählt. 1946 tritt sie in die SPD ein und beginnt ihr gewerkschaftliches Engagement. Sie ist damals die zweite Vorsitzende des Landesvorstandes der SPD-Frauen, Mitglied der Parteileitung Stuttgarts und Hauptkassiererin der Internationalen Frauenliga für Frieden. In allen ihren folgenden politischen Mandatszeiten hat sie sich stets in sozial- und kulturpolitischen Ausschüssen und privat für die Ärmsten der Armen der Gesellschaft eingesetzt und für Verbesserungen verstritten. In der „Wirtschaftswunderzeit" der Bundesrepublik will sie die Nachteile vieler Teile der Bevölkerung und die Defizite der Frauenrechte behoben sehen. In den seltenen Publikationen über Stefie Restle ist zu lesen, dass sie verarmt und allein gestorben sei. Frauen wie Stefie Restle, die auch aufgrund ihres politischen Engagements keine Familie hatten gründen können, sind oft vergessen worden. Auf die Genossinnen und Genossen fällt das vielleicht zurück - nicht aber auf die Freunde. Sicher aber auf die damalige SPD im Allgemeinen, die nach dem zweiten Weltkrieg lange Zeit bis zur Quorumsregelung mit ihren Mitstreiterinnen oft würdelos umgegangen ist. Hier steht Dr. Elisabeth Selbert, eine der vier „Mütter des Grundgesetzes" mit ihrem Kampf um den Artikel 3, Absatz 2 an vorderster Stelle einer zumindest zeitgenössisch fehlenden Würdigung.
Bevor Stefie Restle nach 18 Jahren als Landtagsabgeordnete 1968 nicht mehr für ihren Stuttgarter Wahlkreis kandidierte, hat sie 1967 für ihre Verdienste das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhalten.
Es ist fraglich, ob ihr folgendes Zitat aus dem Jahr 1947 uns auch heute noch Hoffnung machen kann:
„Noch will ich glauben, dass es möglich ist, die Welt von Grund auf zu ändern, nicht heute, nicht morgen, vielleicht im nächsten Jahrhundert oder später."
Ende März 1933 wird der Verwaltungsangestellten des Landesarbeitsamtes Südwestdeutschland in Stuttgart von den NS-Behörden gekündigt. Die Beschwerde der Sozialistin bleibt erfolglos. Nach fast zwei Jahren der Arbeitslosigkeit kann sie im jüdischen Kaufhaus Tietz in Stuttgart als Stenotypistin und dann als Buchhalterin im Autohaus Staiger arbeiten, wo sie sich für die Rechte der ausländischen Zwangsarbeiter einsetzt. Gestützt wird sie von ihrer Freundesgruppe der Stuttgarter SAP (Sozialistische Arbeiterpartei), die sich während der Nazidiktatur auf Wanderungen und gemeinsamen Unternehmungen gegen Hitler einschwört.
Nach 1945 wird sie zur Vorsitzenden des Betriebsrates gewählt. 1946 tritt sie in die SPD ein und beginnt ihr gewerkschaftliches Engagement. Sie ist damals die zweite Vorsitzende des Landesvorstandes der SPD-Frauen, Mitglied der Parteileitung Stuttgarts und Hauptkassiererin der Internationalen Frauenliga für Frieden. In allen ihren folgenden politischen Mandatszeiten hat sie sich stets in sozial- und kulturpolitischen Ausschüssen und privat für die Ärmsten der Armen der Gesellschaft eingesetzt und für Verbesserungen verstritten. In der „Wirtschaftswunderzeit" der Bundesrepublik will sie die Nachteile vieler Teile der Bevölkerung und die Defizite der Frauenrechte behoben sehen. In den seltenen Publikationen über Stefie Restle ist zu lesen, dass sie verarmt und allein gestorben sei. Frauen wie Stefie Restle, die auch aufgrund ihres politischen Engagements keine Familie hatten gründen können, sind oft vergessen worden. Auf die Genossinnen und Genossen fällt das vielleicht zurück - nicht aber auf die Freunde. Sicher aber auf die damalige SPD im Allgemeinen, die nach dem zweiten Weltkrieg lange Zeit bis zur Quorumsregelung mit ihren Mitstreiterinnen oft würdelos umgegangen ist. Hier steht Dr. Elisabeth Selbert, eine der vier „Mütter des Grundgesetzes" mit ihrem Kampf um den Artikel 3, Absatz 2 an vorderster Stelle einer zumindest zeitgenössisch fehlenden Würdigung.
Bevor Stefie Restle nach 18 Jahren als Landtagsabgeordnete 1968 nicht mehr für ihren Stuttgarter Wahlkreis kandidierte, hat sie 1967 für ihre Verdienste das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhalten.
Es ist fraglich, ob ihr folgendes Zitat aus dem Jahr 1947 uns auch heute noch Hoffnung machen kann:
„Noch will ich glauben, dass es möglich ist, die Welt von Grund auf zu ändern, nicht heute, nicht morgen, vielleicht im nächsten Jahrhundert oder später."
Weiterführende Literatur und Quellen:
Wolfgang Schmierer, Stefanie (Stefie) Restle. Für soziale Gerechtigkeit und Völkerfrieden, in: Frauen im deutschen Südwesten, Birgitt Knorr, Rosemarie Wehling (Hg.), Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Stuttgart 1993, S. 230-35.
Ina Hochreuther, Frauen im Parlament. Südwestdeutsche Abgeordnete seit 1919. Im Auftrag des Landtags herausgegeben von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Theiss-Verlag, Stuttgart 1992 S. 153f.
Helga Grebing (Hg.): Lehrstücke in Solidarität, Briefe und Biographien deutscher Sozialisten 1945-1949, DVA Stuttgart 1983, S. 253-55 u. 365f.
Bildquelle: Landtagsarchiv Baden-Württemberg
Autorin: Mascha Riepl-Schmidt
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