31.
August:
Ida Kerkovius (1879-1970)
Künstlerin
Als viertes von zwölf Geschwistern wird Ida Kerkovius 1879 geboren und erhält in den 1890er Jahren eine erste künstlerische Ausbildung in Riga. Die Eltern, Gutsbesitzer in Lettland, können ihr auch Reisen nach Italien ermöglichen, sodass sie Florenz und Rom kennenlernt und 1902 mit Anfang 20 auch die Künstlerkolonie in Dachau besuchen kann, wo sie fünf Monate bleibt und bei Adolf Hölzel lernt. Die junge Künstlerin folgt Hölzel, als dieser an die Kunstakademie in Stuttgart berufen wird und wird 1908 mit 29 Jahren seine Meisterschülerin, später dann seine Assistentin mit eigenem Atelier. Als solche bildet sie seit 1911 Neulinge in der recht eigenwilligen Formen- und Farbenlehre des Meisters aus - darunter so bekannte Namen wie Johannes Itten und Oskar Schlemmer. Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges verliert Ida Kerkovius ihr Atelier und wird als russische Staatsbürgerin eingestuft. Sie erteilt nun privaten Kunstunterricht, unter anderem Hanna Bekker vom Rath, die eine Freundin und ihre wichtigste Mäzenin und Händlerin wird.
1920 schreibt sie sich als Studentin am Bauhaus in Weimar ein. Obwohl dieses die radikale Gleichstellung von Mann und Frau behauptet, werden die Frauen dort zumeist in die Webereiklasse abgeschoben oder mit Aufgaben betraut, die „dem Wesen der Frau" angepasst sind - wie die Entwicklung von Kinderspielzeug. Ida Kerkovius setzt sich sowohl in der Malerei als auch in der Weberei durch. Dass sie hierbei nun die Schülerin von Johannes Itten ist, den sie vorher selbst unterrichtete, wird in ihrer Biografie nur unzureichend thematisiert. Wie sie mit dieser Umkehr der Rollen umging, ist nicht ausgearbeitet - es ist angebracht zu vermuten, dass es ihr nicht leicht gefallen ist, sich als gestandene Frau von 41 Jahren ihrem ehemaligen Schüler unterzuordnen.
Ihre Kenntnisse der Weberei sichern ihr in der Zeit des Nationalsozialismus den Lebensunterhalt. Zwei kleine Werke, die von Museen angekauft worden waren, fallen der Säuberungsaktion in Vorbereitung auf die Ausstellung „entartete Kunst" im Jahr 1937 in München zum Opfer, von denen eines auch ausgestellt wurde. Ein direktes Ausstellungsverbot wird zwar nicht gegen sie verhängt, aber eine Öffentlichkeit für ihre moderne Kunst hat sie in dieser Zeit nicht. 1944 wird ihr Atelier ausgebombt. Zwar kann sie wichtige Utensilien, wie ihren Webstuhl, rechtzeitig in Sicherheit bringen, doch ein großer Teil ihres Werks verbrennt.
Nach 1945 kommt sie mit der Hilfe von Freundinnen und Freunden, die ihre Werke für Galerien ankaufen, wieder auf die Beine. Darunter sind Hanna Bekker vom Rath in Frankfurt am Main und Erich Schurr, der Gründer der Maercklin-Galerie in Stuttgart - selbst ein ehemaliger Hölzel-Schüler. Er errichtet ihr auf seinem Grundstück ein provisorisches Haus, in dem sie wieder arbeiten kann. Beide verbindet eine lebenslange Freundschaft.
Auszeichnungen mit verschiedenen, sehr bedeutenden Preisen, beispielsweise dem Staatspreis des Landes Baden-Württemberg und dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse, beides 1954, sichern ihr kurzfristige Aufmerksamkeit, bringen aber nicht den erhofften Durchbruch. Zahlreiche Aufträge der Stadt Stuttgart folgen, sodass ihre Glasfenster immer noch an verschiedenen Stellen zu sehen sind. 1958 wird sie zur Professorin ernannt, 1963 zum Ehrenvorstandsmitglied des Deutschen Künstlerbundes.
1970 stirbt Ida Kerkovius mit 91 Jahren. Immer wieder erhält sie Einzelausstellungen und Publikationen. Dennoch sollte sich der Name dieser beeindruckenden und bedeutenden Künstlerin des 20. Jahrhunderts noch viel stärker in den Köpfen der Menschen festsetzen.
1920 schreibt sie sich als Studentin am Bauhaus in Weimar ein. Obwohl dieses die radikale Gleichstellung von Mann und Frau behauptet, werden die Frauen dort zumeist in die Webereiklasse abgeschoben oder mit Aufgaben betraut, die „dem Wesen der Frau" angepasst sind - wie die Entwicklung von Kinderspielzeug. Ida Kerkovius setzt sich sowohl in der Malerei als auch in der Weberei durch. Dass sie hierbei nun die Schülerin von Johannes Itten ist, den sie vorher selbst unterrichtete, wird in ihrer Biografie nur unzureichend thematisiert. Wie sie mit dieser Umkehr der Rollen umging, ist nicht ausgearbeitet - es ist angebracht zu vermuten, dass es ihr nicht leicht gefallen ist, sich als gestandene Frau von 41 Jahren ihrem ehemaligen Schüler unterzuordnen.
Ihre Kenntnisse der Weberei sichern ihr in der Zeit des Nationalsozialismus den Lebensunterhalt. Zwei kleine Werke, die von Museen angekauft worden waren, fallen der Säuberungsaktion in Vorbereitung auf die Ausstellung „entartete Kunst" im Jahr 1937 in München zum Opfer, von denen eines auch ausgestellt wurde. Ein direktes Ausstellungsverbot wird zwar nicht gegen sie verhängt, aber eine Öffentlichkeit für ihre moderne Kunst hat sie in dieser Zeit nicht. 1944 wird ihr Atelier ausgebombt. Zwar kann sie wichtige Utensilien, wie ihren Webstuhl, rechtzeitig in Sicherheit bringen, doch ein großer Teil ihres Werks verbrennt.
Nach 1945 kommt sie mit der Hilfe von Freundinnen und Freunden, die ihre Werke für Galerien ankaufen, wieder auf die Beine. Darunter sind Hanna Bekker vom Rath in Frankfurt am Main und Erich Schurr, der Gründer der Maercklin-Galerie in Stuttgart - selbst ein ehemaliger Hölzel-Schüler. Er errichtet ihr auf seinem Grundstück ein provisorisches Haus, in dem sie wieder arbeiten kann. Beide verbindet eine lebenslange Freundschaft.
Auszeichnungen mit verschiedenen, sehr bedeutenden Preisen, beispielsweise dem Staatspreis des Landes Baden-Württemberg und dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse, beides 1954, sichern ihr kurzfristige Aufmerksamkeit, bringen aber nicht den erhofften Durchbruch. Zahlreiche Aufträge der Stadt Stuttgart folgen, sodass ihre Glasfenster immer noch an verschiedenen Stellen zu sehen sind. 1958 wird sie zur Professorin ernannt, 1963 zum Ehrenvorstandsmitglied des Deutschen Künstlerbundes.
1970 stirbt Ida Kerkovius mit 91 Jahren. Immer wieder erhält sie Einzelausstellungen und Publikationen. Dennoch sollte sich der Name dieser beeindruckenden und bedeutenden Künstlerin des 20. Jahrhunderts noch viel stärker in den Köpfen der Menschen festsetzen.
Weiterführende Literatur und Quellen:
Ulrika Evers, Deutsche Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Malerei - Bildhauerei - Tapisserie, Hamburg 1983, S. 168f mit weiterführender Literatur
Christina Haberlik/Ira Diana Mazzoni: Künstlerinnen. Malerinnen, Bildhauerinnen, Photographinnen - 50 Klassiker. Hildesheim 2003, S. 136-139
Christina Haberlik/Ira Diana Mazzoni: Künstlerinnen. Malerinnen, Bildhauerinnen, Photographinnen - 50 Klassiker. Hildesheim 2003, S. 136-139
www.ida-kerkovius.net (zuletzt abgerufen am 02.08.2023)
https://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/ida-kerkovius/ (zuletzt abgerufen am 02.08.2023) mit weiterführender Literatur
https://kulturstiftung.org/biographien/kerkovius-ida-3 (zuletzt abgerufen am 02.08.2023)
Einen Eindruck von ihr und ihrem Werk kann dieser kleine Clip aus der Mediathek des SWR anlässlich ihres 85. Geburtstags 1964 vermitteln: https://www.ardmediathek.de/video/swr-retro-abendschau/besuch-bei-ida-kerkovius/swr/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzExNjg5Mjg (zuletzt abgerufen am 02.08.2023)
Autorin: Ruth Oeler
Datum: 30.08.2023
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