07. Mai: Therese Huber, geb. Heyne, verwitwete Forster (1764–1829)
Schriftstellerin, Übersetzerin, Pädagogin


Therese Huber. Scherenschnitt von Louise Christiane Duttenhofer, o.J.
Am 7. Mai 2023 jährt sich zum 259ten Mal der Geburtstag der ersten deutschen Redakteurin Therese Huber. Sie war von der Gründung des Blattes 1807 bis 1823 ständige Mitarbeiterin und ab 1818 alleinige Redakteurin der von J.F. Cotta in Stuttgart herausgegebenen kulturpolitischen Tageszeitung „Morgenblatt für gebildete Stände“.
Das Leben und das Werk der Schriftstellerin, Übersetzerin und Pädagogin Therese Huber - einer Professorentochter aus Göttingen - hat mit ihrem eigenwilligen Lebenswandel oft Missbilligung erfahren. Vor allem auch in ihrem Anspruch, als Autorin und Zeitungsschreiberin die Unrechtserfahrungen ihres Geschlechts öffentlich zu machen. Diese wichtige weibliche Stimme ist dann auch wegen ihrer negativen Rezeptionsgeschichte lange vergessen worden.
Dass sie bei Cotta als Frau nur ungefähr die Hälfte ihrer Kollegen verdiente, ist ein historischer pay gap!
Vor diesem Hintergrund können ihre biographischen Daten nur eine chronologische Richtschnur sein:
Am 7. Mai 1764 wird Marie Theresia Wilhelmine Heyne in Göttingen als älteste Tochter des Professors für Altertumskunde Christian Gottlob Heyne und seiner Ehefrau Therese geb. Weiß, geboren. 1775 stirbt die Mutter. In der Bibliothek des Vaters bildet sich die Tochter zumeist alleine. Ihre Handschrift wirkt in den lebenslang verfassten Briefen von Orthographie und Regelmäßigkeit wenig beeindruckt.
1777 besucht sie ein Jahr lang ein französisches Pensionat in Hannover, auch um die zweite Eheschließung des Vaters mit Georgine Brandes nicht zu stören. Mit dieser zweiten Mutter steht sie zeitlebens in inniger Verbindung.
Mit einer anderen Göttinger Professoren"mamsell" - ihrer Freund-Feindin Caroline Schelling, geborene Michaelis, verwitwete Böhmer, geschiedene Schlegel (1763-1809) - konkurriert sie stets. In Thereses erster Stuttgarter Zeit trafen sie bei einer Theateraufführung von Schillers Maria Stuart zufällig zum letzten Mal aufeinander - frostig wie die zwei verfeindeten Königinnen auf der Bühne.

1785 heiratet Therese Heyne den als Weltumsegler und Naturwissenschaftler gefeierten Georg Forster (1754-1794) und zieht mit ihm nach Wilna - dem heutigen Vilnius - wo er eine Professorenstelle antritt. Dort wird 1786 die Tochter Therese geboren, das erste Kind von insgesamt zehn Geburten in zwanzig Jahren, von denen nur vier das Erwachsenenalter erreicht haben: Therese und Claire Forster, Luise und Victor Aimé Huber.
Von Wilna und den nicht zufriedenstellenden beruflichen Bedingungen weg zieht die kleine Familie 1788 nach Mainz, wo Forster als Oberbibliothekar der Universität Mainz arbeitet. Hier lernen die Forsters den sächsischen Legationsrat Ludwig Ferdinand Huber kennen (1764-1804). Die „ménage à trois" beginnt. Nach der Besetzung von Mainz durch die französischen Truppen flieht Therese Forster 1792 mit ihren Töchtern Therese und Claire nach Straßburg und dann nach Neuchâtel. Forster, der in Mainz dem Jacobinerklub beigetreten war, übersiedelt im März 1793 als Abgeordneter des Rheinischen Nationalkonvents nach Paris, kurz bevor die Koalitionstruppen das Rheinland und damit auch Mainz besetzen. Forster wird strafrechtlich gesucht und mit einem preußischen Bann belegt.
Huber folgt Therese, nachdem er seinen sächsischen Dienst quittiert hatte. In vorerst zwei getrennten Wohnungen beginnen beide während der fünfjährigen Schweizer Emigration ihre literarische Arbeit unter Hubers Namen.
Nach Forsters Tod im Januar 1794 in Paris heiraten im April Therese und L.F. Huber in der Schweiz. Dieses Datum hält sie lange unter Verschluss, weil im Trauerjahr eine Eheschließung als nicht standesgemäß galt.
1798 wird Huber von Cotta als Redakteur der „Neuesten Weltkunde" nach Tübingen berufen. Therese folgt ihm mit den Kindern. Dann übernimmt Huber die Redaktion der neu gegründeten „Allgemeinen Zeitung" in Stuttgart, die Familie kommt nach. 1803 wird die Zeitung in Württemberg aus Zensurgründen verboten und zieht nach Ulm ins liberale Bayern um. 1804 folgt die hochschwangere Therese. Huber stirbt an Weihnachten desselben Jahres. Das danach geborene Mädchen stirbt im darauffolgenden Sommer.
Nach familiären Wanderjahren als Witwe wird Therese Huber 1818 als Redakteurin des Morgenblatts in Stuttgart bestellt. 1823 wird sie nach einem Zerwürfnis mit Cotta nicht mehr beschäftigt und zieht nach Augsburg in die Nähe ihrer Kinder um: Hier stirbt sie fast erblindet am 15. Juni 1829.

Im Kreise der angesehenen Bürger und Bürgerinnen Stuttgarts und in ihrem weitläufigen Bekannten- und Brieffreundschaftskreis ist ihr ihre „bunte" Vergangenheit nicht nachgetragen worden, Hier gehörte sie zur geistig kulturellen „high society", war bei der königlichen Familie zu Gast, war Mitglied des „Lesekränzles" und wurde als einzige Frau im sogenannten „Ifflandkränzle", dem literarisch intellektuellen Herrensalon Stuttgarts, akzeptiert. Erst ab 1821 hat sie trotz der damit verknüpften „Unschicklichkeit" ihre Bücher unter ihrem eigenen vollen Namen veröffentlicht.
Unbestritten gehört sie zur bürgerlichen Frauengeneration, die spätestens ab 1800 versucht hat, auf neuen Wegen ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten, für ihr Glück und ihre Bildung zu kämpfen und schreibend zum Lebensunterhalt ihrer Familien beizutragen.
Am 5.5.2023 wurde in Stuttgarts Mitte die Therese-Huber-Gasse eingeweiht.

Weiterführende Literatur und Quellen:
Mascha Riepl-Schmidt, Therese Huber (1764-1829) - „Ich will Weisheit tauschen gegen Glück", Ein Leben als Bildungsroman, Frankfurt/Main 2016.
Diess., Therese Huber, geb. Heyne, verwitwete Forster, Erziehung durch Schicksal, in: Wider das verkochte und verbügelte Leben, Frauenemanzipation in Stuttgart seit 1800, Stuttgart/Tübingen 19982, S. 61-69.
Magdalene Heuser (Hrsg.), Briefausgabe Therese Huber, Frankfurt/Main/Berlin, Bd. 1-7, 1999-2013.
Bildnachweis: Scherenschnitt von Louise Christiane Duttenhofer, o.J., Literaturarchiv Marbach.
Autorin: Mascha Riepl-Schmidt
Datum: 03.05.2023

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