16.
April:
Doris Herzberg (1928–2001)
Überlebende des Holocaust
Doris Herzberg, geboren 1928, und ihre beiden Geschwister Alexander (*1922) und Ilse (*1923) wuchsen in Mannheim auf. Ihre Eltern, Karl und Lina Herzberg, betrieben in Mannheim-Neckarstadt, Mittelstraße 16, ein Textilwarengeschäft mit einer Filiale und 18 Angestellten, ein keineswegs kleines Handelsgeschäft. Es handelte sich um eine Familie jüdischen Glaubens, auch wenn Lina Herzberg ursprünglich katholisch gewesen war. Vermutlich zum Zeitpunkt ihrer Heirat war sie zum Judentum konvertiert, eine Entscheidung, die sich mit dem Siegeszug des nationalsozialistischen Unrechtssystems folgenschwer auswirkte.
Schon die kleine Doris bekam die Drangsalierungen, denen Juden nach 1933 ausgesetzt waren, bitter zu spüren. Um ihrer Familie den Status einer „privilegierten Mischehe" zu ermöglichen, wechselte ihre Mutter, Lina Herzberg zurück zum katholischen Glauben. Dadurch bewahrte sie die Familie vor der Deportation nach Gurs, die im Jahr 1940 die meisten Juden Mannheims betraf. Auf Dauer konnte sie mit diesem Schritt ihre Familie jedoch nicht schützen. Kurz bevor die Familie, im Januar 1945, nach Theresienstadt deportiert werden sollte, begannen sich die Herzbergs von den nationalsozialistischen Verfolgern zu verstecken. Es wurde ihnen eine Unterkunft im Siedlerhaus von Gertrud und ihrem Vater Georg Hammer vermittelt. Als die Gefahr bestand, dass sie entdeckt werden, beschlossen die Herzbergs ihre Unterkunft zu wechseln und zogen nach Ziegelhausen zu der früheren Waschfrau der Herzbergs, Frieda Müller. Dort wurden Familienmitglieder auf dem Dachboden versteckt. Doch die Familie wurde auseinandergerissen. Ilse Herzberg bekam eine Stelle bei einer Bäuerin und Karl Herzberg ging nach Heidelberg, wo er eine Bleibe fand. Doris und ihre Mutter blieben bei Frieda Müller. Da sie nicht in die Schutzbunker konnten, waren sie ständiger Gefahr durch Bomben und Granaten ausgesetzt. Durch den Einmarsch der US-Truppen am 30. März 1945 war die Lebensgefahr von Doris und ihrer Familie endlich vorbei.
Leben im Nationalsozialismus
Schon in der Schule erlebte Doris Herzberg Verfolgung. Zunächst wurde sie von ihrer Lehrerin gut behandelt, doch in der zweiten Klasse bekam sie eine neue Lehrerin, die sie aufgrund ihres jüdischen Glaubens drangsalierte. Aus diesem Grund wechselte Doris 1934 auf eine jüdische Schule. Zu dieser Zeit spitzte sich auch die Lage im Geschäft ihrer Eltern zu: Kunden wurden durch Nazi-Posten gehindert, den Laden zu betreten, sie wurden fotografiert oder bis in ihre Wohnungen verfolgt. Wie viele andere Juden mussten ihre Eltern 1937 ihr Handelsgeschäft weit unter Wert verkaufen. Mit 10 Jahren musste Doris Herzberg die Reichsprogromnacht erleben. Die SA-Kerle „stürmten herein und trieben zuerst unsere alte Hilfe aus der Wohnung heraus. Dann begannen die Schergen mit ihrem Zerstörungswerk. Wieder lautes Krachen, als die Möbel zerschlagen wurden. Den oberen gläsernen Teil unseres Büffets im Wohnzimmer, das mit wertvollem Porzellan, reizenden Figuren und schönem Kristall gefüllt war, warfen die Kerle mit Wucht auf den Boden, wo ein Scherbenhaufen zurückblieb." Anschaulich schildert Doris die Bedingungen des Lebens in der Illegalität. Bei Fliegerangriffen konnten die Herzbergs nicht in die Bunker und kam Besuch zu den Familien, bei denen sie heimlich untergebracht waren, mussten sie sich verstecken, da niemand etwas von ihnen merken durfte. Doris Herzbergs Erinnerungen werden im MARCHIVUM aufbewahrt.
Ein Stolperstein für Doris Herzberg wurde 2019 auf Initiative der Geschwister-Scholl-Schule in der Mittelstraße 16 in Mannheim verlegt.
Gertrud Hammer erhielt 1976 für das Verstecken der Familie das Bundesverdienstkreuz und wurde mit ihrem Vater in Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern" geehrt.
Schon die kleine Doris bekam die Drangsalierungen, denen Juden nach 1933 ausgesetzt waren, bitter zu spüren. Um ihrer Familie den Status einer „privilegierten Mischehe" zu ermöglichen, wechselte ihre Mutter, Lina Herzberg zurück zum katholischen Glauben. Dadurch bewahrte sie die Familie vor der Deportation nach Gurs, die im Jahr 1940 die meisten Juden Mannheims betraf. Auf Dauer konnte sie mit diesem Schritt ihre Familie jedoch nicht schützen. Kurz bevor die Familie, im Januar 1945, nach Theresienstadt deportiert werden sollte, begannen sich die Herzbergs von den nationalsozialistischen Verfolgern zu verstecken. Es wurde ihnen eine Unterkunft im Siedlerhaus von Gertrud und ihrem Vater Georg Hammer vermittelt. Als die Gefahr bestand, dass sie entdeckt werden, beschlossen die Herzbergs ihre Unterkunft zu wechseln und zogen nach Ziegelhausen zu der früheren Waschfrau der Herzbergs, Frieda Müller. Dort wurden Familienmitglieder auf dem Dachboden versteckt. Doch die Familie wurde auseinandergerissen. Ilse Herzberg bekam eine Stelle bei einer Bäuerin und Karl Herzberg ging nach Heidelberg, wo er eine Bleibe fand. Doris und ihre Mutter blieben bei Frieda Müller. Da sie nicht in die Schutzbunker konnten, waren sie ständiger Gefahr durch Bomben und Granaten ausgesetzt. Durch den Einmarsch der US-Truppen am 30. März 1945 war die Lebensgefahr von Doris und ihrer Familie endlich vorbei.
Leben im Nationalsozialismus
Schon in der Schule erlebte Doris Herzberg Verfolgung. Zunächst wurde sie von ihrer Lehrerin gut behandelt, doch in der zweiten Klasse bekam sie eine neue Lehrerin, die sie aufgrund ihres jüdischen Glaubens drangsalierte. Aus diesem Grund wechselte Doris 1934 auf eine jüdische Schule. Zu dieser Zeit spitzte sich auch die Lage im Geschäft ihrer Eltern zu: Kunden wurden durch Nazi-Posten gehindert, den Laden zu betreten, sie wurden fotografiert oder bis in ihre Wohnungen verfolgt. Wie viele andere Juden mussten ihre Eltern 1937 ihr Handelsgeschäft weit unter Wert verkaufen. Mit 10 Jahren musste Doris Herzberg die Reichsprogromnacht erleben. Die SA-Kerle „stürmten herein und trieben zuerst unsere alte Hilfe aus der Wohnung heraus. Dann begannen die Schergen mit ihrem Zerstörungswerk. Wieder lautes Krachen, als die Möbel zerschlagen wurden. Den oberen gläsernen Teil unseres Büffets im Wohnzimmer, das mit wertvollem Porzellan, reizenden Figuren und schönem Kristall gefüllt war, warfen die Kerle mit Wucht auf den Boden, wo ein Scherbenhaufen zurückblieb." Anschaulich schildert Doris die Bedingungen des Lebens in der Illegalität. Bei Fliegerangriffen konnten die Herzbergs nicht in die Bunker und kam Besuch zu den Familien, bei denen sie heimlich untergebracht waren, mussten sie sich verstecken, da niemand etwas von ihnen merken durfte. Doris Herzbergs Erinnerungen werden im MARCHIVUM aufbewahrt.
Ein Stolperstein für Doris Herzberg wurde 2019 auf Initiative der Geschwister-Scholl-Schule in der Mittelstraße 16 in Mannheim verlegt.
Gertrud Hammer erhielt 1976 für das Verstecken der Familie das Bundesverdienstkreuz und wurde mit ihrem Vater in Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern" geehrt.
Weiterführende Literatur und Quellen:
Norbert Giovannini: Frieda und Matthias Müller beherbergen die Familie Herzberg aus Mannheim. Doris Perlsteins Bericht über zwei „Gerechte unter den Völkern" aus Ziegelhausen. In: Ders. (Hg.): Stille Helfer: eine Spurensuche in Heidelberg (1933-1945). Heidelberg 2019, S. 209-214.
Doris Perlstein: „Nicht privilegiert". Erinnerungen an eine ungewöhnliche Jugend. MARCHIVUM Akte 16/1967_00108.
Bildquelle: MARCHIVUM, Bildsammlung, AB00782-0044
Autorinnen: Basma Afzal, Magdalena Mautner und Sylvia Schraut. Der Text entstand im Rahmen des Projekts „Wiki-Girls. Geschichte(n) schreiben " im Juli 2022 in Mannheim.
Datum: 12.04.2023
Doris Perlstein: „Nicht privilegiert". Erinnerungen an eine ungewöhnliche Jugend. MARCHIVUM Akte 16/1967_00108.
Bildquelle: MARCHIVUM, Bildsammlung, AB00782-0044
Autorinnen: Basma Afzal, Magdalena Mautner und Sylvia Schraut. Der Text entstand im Rahmen des Projekts „Wiki-Girls. Geschichte(n) schreiben " im Juli 2022 in Mannheim.
Datum: 12.04.2023
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