26.
April:
Die Ausstellung „Deutsche Frauenkunst der Gegenwart“ (1936).
Eine bruchstückhafte Rekonstruktion
Solche Fragen stellt sich die aufmerksame Leserin sofort. Die weitere Suche nach Informationen ernüchtert jedoch schnell: Es ist nichts zu finden. Lediglich im Nachlass der Künstlerin Hannah Höch in Berlin findet sich ein kleines Faltblatt zu dieser Ausstellung, sodass immerhin klar ist, dass sie stattgefunden hat und welche Künstlerinnen dort vertreten waren. Archivmaterial gibt es kaum. Weiteres Graben nach Informationen fördert einige Zeitungsartikel zu Tage, die in Kombination eine bruchstückhafte Einordnung der Ausstellung in Mannheim erlauben:
Die Vorsitzende des Mannheimer Kunstvereins, Fräulein Dr. Juliane Bartsch, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Kunst von Frauen zu präsentieren. Da sie nur ein begrenztes Budget zur Verfügung hatte, konnte keine reichsweite Ausschreibung gestartet werden und die ausgestellten Künstlerinnen wurden zu dieser Ausstellung persönlich eingeladen. So wurde auch bei der Eröffnung der Ausstellung von Fräulein Bartsch erläutert, dass Renée Sintenis, Paula Modersohn-Becker und Käthe Kollwitz deswegen fehlten, weil sie Bedingungen stellten, die der Kunstverein nicht erfüllen konnte. Doch es finden sich dort immer noch viele bekannte Künstlerinnen der Zeit wieder, beispielsweise: Fridel Dethleffs-Edelmann, Olly Waldschmidt, Madeline Winkler, Marianne Spiegel und Hanna Nagel. Damit sind lediglich einige Namen aus Baden-Württemberg genannt, die zwar allesamt im nationalsozialistischen Kunstbetrieb anerkannt waren, jedoch durchaus auch eher unliebsame Kunst produzierten.
Die Presseberichterstattung ist im Jahr 1936 bereits vollständig nationalsozialistisch durchsetzt, sodass die Einordnung mit entsprechender Vorsicht erfolgen muss. Die Neue Mannheimer Zeitung druckte einen zweiteiligen Bericht von der Ausstellung, der die hohe malerische, plastische und grafische Qualität der Ausstellung nachdrücklich lobt und in erster Linie die heutzutage eher unbekannten Namen besonders hervorhebt. Der durchweg positive Bericht schließt dann einigermaßen merkwürdig mit folgendem Satz: „Kunst aus fraulichem Wesen, das ist das Ergebnis dieser Schau, steht achtunggebietend und selbstsicher in der zweiten Schlachtreihe, ein zuverlässiger Hilfstrupp der in vorderster Linie kämpfenden Männer."
Der Artikel, der bisher gänzlich ohne Stereotype und sehr stark am Werk orientiert geschrieben war, schießt nun zum Schluss noch schnell die NS-Ideologie hinterher, ohne das Ganze in den Text einzupassen oder das drastische, völlig unpassende Vokabular aufzugreifen oder zu erläutern. Der Autor oder die Autorin (es gibt nur ein Kürzel) macht an dieser Stelle klar, dass die sprachliche und inhaltliche politische Regulierung (Anfang 1936 wurde der „Kunstbericht" mit Formulierungsvorgaben und Einschränkungen eingeführt) nicht seine oder ihre Meinung ist.
Diese beiden Artikel stehen auch in deutlicher Abgrenzung zum Artikel, der im „Hakenkreuzbanner", der regionalen nationalsozialistischen Zeitung erschienen ist. Hier findet sich alles, was von Nationalsozialisten zu dieser Ausstellung erwartet wird: Frauenfeindliche Feststellungen, Kritik am Handwerklichen, abwertend gemeinte Vergleiche zu moderner Kunst, Kritik an der fehlenden „weiblichen Einheitlichkeit".
Eine vorsichtige Vermutung, die sich bislang durch weiteres Quellenmaterial nicht belegen lässt, lautet, dass die Ausstellung bemüht war, einerseits systemkonforme Kunst abzubilden, um nicht verboten zu werden, aber durchaus auch Raum für Kontroverses und Anderes bieten wollte, das den Nazis sauer aufstößt. Der Presseberichterstattung zufolge ist Dr. Juliane Bartsch genau das gelungen.
Die Vorsitzende des Mannheimer Kunstvereins, Fräulein Dr. Juliane Bartsch, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die Kunst von Frauen zu präsentieren. Da sie nur ein begrenztes Budget zur Verfügung hatte, konnte keine reichsweite Ausschreibung gestartet werden und die ausgestellten Künstlerinnen wurden zu dieser Ausstellung persönlich eingeladen. So wurde auch bei der Eröffnung der Ausstellung von Fräulein Bartsch erläutert, dass Renée Sintenis, Paula Modersohn-Becker und Käthe Kollwitz deswegen fehlten, weil sie Bedingungen stellten, die der Kunstverein nicht erfüllen konnte. Doch es finden sich dort immer noch viele bekannte Künstlerinnen der Zeit wieder, beispielsweise: Fridel Dethleffs-Edelmann, Olly Waldschmidt, Madeline Winkler, Marianne Spiegel und Hanna Nagel. Damit sind lediglich einige Namen aus Baden-Württemberg genannt, die zwar allesamt im nationalsozialistischen Kunstbetrieb anerkannt waren, jedoch durchaus auch eher unliebsame Kunst produzierten.
Die Presseberichterstattung ist im Jahr 1936 bereits vollständig nationalsozialistisch durchsetzt, sodass die Einordnung mit entsprechender Vorsicht erfolgen muss. Die Neue Mannheimer Zeitung druckte einen zweiteiligen Bericht von der Ausstellung, der die hohe malerische, plastische und grafische Qualität der Ausstellung nachdrücklich lobt und in erster Linie die heutzutage eher unbekannten Namen besonders hervorhebt. Der durchweg positive Bericht schließt dann einigermaßen merkwürdig mit folgendem Satz: „Kunst aus fraulichem Wesen, das ist das Ergebnis dieser Schau, steht achtunggebietend und selbstsicher in der zweiten Schlachtreihe, ein zuverlässiger Hilfstrupp der in vorderster Linie kämpfenden Männer."
Der Artikel, der bisher gänzlich ohne Stereotype und sehr stark am Werk orientiert geschrieben war, schießt nun zum Schluss noch schnell die NS-Ideologie hinterher, ohne das Ganze in den Text einzupassen oder das drastische, völlig unpassende Vokabular aufzugreifen oder zu erläutern. Der Autor oder die Autorin (es gibt nur ein Kürzel) macht an dieser Stelle klar, dass die sprachliche und inhaltliche politische Regulierung (Anfang 1936 wurde der „Kunstbericht" mit Formulierungsvorgaben und Einschränkungen eingeführt) nicht seine oder ihre Meinung ist.
Diese beiden Artikel stehen auch in deutlicher Abgrenzung zum Artikel, der im „Hakenkreuzbanner", der regionalen nationalsozialistischen Zeitung erschienen ist. Hier findet sich alles, was von Nationalsozialisten zu dieser Ausstellung erwartet wird: Frauenfeindliche Feststellungen, Kritik am Handwerklichen, abwertend gemeinte Vergleiche zu moderner Kunst, Kritik an der fehlenden „weiblichen Einheitlichkeit".
Eine vorsichtige Vermutung, die sich bislang durch weiteres Quellenmaterial nicht belegen lässt, lautet, dass die Ausstellung bemüht war, einerseits systemkonforme Kunst abzubilden, um nicht verboten zu werden, aber durchaus auch Raum für Kontroverses und Anderes bieten wollte, das den Nazis sauer aufstößt. Der Presseberichterstattung zufolge ist Dr. Juliane Bartsch genau das gelungen.
Weiterführende Literatur und Quellen:
Zeitungsartikel:
Neue Mannheimer Zeitung: Ausgaben vom 28.04.1936, 07.05.1936, 10.05.1936 und 05.06.1936
Hakenkreuzbanner: Ausgaben vom 07.05.1936 und 07.06.1936
Weiterreichende Literatur kann leider nicht angefügt werden, da es zu diesem Thema keine Arbeiten gibt. Falls jemand doch noch Dokumente zu dieser Ausstellung findet, gerne auch Fotos, freuen sich die Autorin und die Wissenschaft über derartige Hinweise!
Autorin: Ruth Oeler
Datum: 19.04.2024
Neue Mannheimer Zeitung: Ausgaben vom 28.04.1936, 07.05.1936, 10.05.1936 und 05.06.1936
Hakenkreuzbanner: Ausgaben vom 07.05.1936 und 07.06.1936
Weiterreichende Literatur kann leider nicht angefügt werden, da es zu diesem Thema keine Arbeiten gibt. Falls jemand doch noch Dokumente zu dieser Ausstellung findet, gerne auch Fotos, freuen sich die Autorin und die Wissenschaft über derartige Hinweise!
Autorin: Ruth Oeler
Datum: 19.04.2024
Weitere Denk-Tage im April